Fokus Immaterielle Lebenslagen: Gesundheit und Pflegebedürftigkeit bei 65-Jährigen und Älteren im Landkreis Mittelsachsen

Gesundheit ist ein Aspekt, der in allen Lebensaltern wesentlich beeinflusst, ob und wie wir am gesellschaftlichen und sozialen Leben teilhaben (können). Mit zunehmendem Alter und damit einhergehenden natürlichen Alterungsprozessen werden die Themen Gesundheit und Pflege jedoch immer zentraler.

Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheit im Alter

Die im Fokusbericht Älterwerden im Landkreis Mittelsachsen beschriebenen demografischen Entwicklungen zeigen eine deutliche Alterung der mittelsächsischen Bevölkerung auf. Verbesserte Lebens- und Arbeitsbedingungen, eine gesündere Lebensweise und der medizinische Fortschritt tragen dazu bei, dass sich viele Seniorinnen und Senioren wohlfühlen und zufrieden sind.
Dennoch nehmen mit steigendem Lebensalter auch gesundheitliche Probleme zu, Krankheiten und funktionelle Einschränkungen häufen sich. Dabei altern nicht alle Menschen gleich: Die bekannten Ungleichheitsfaktoren Einkommen, Bildung und Erwerbssituation wirken auch im höheren Lebensalter und spiegeln sich u.a. in unterschiedlich hohen Lebenserwartungen wider.

Schwerbehinderung

Der Anteil schwerbehinderter Menschen steigt mit zunehmendem Alter. Ein Großteil der älteren Menschen mit Schwerbehindertenausweis ist in der körperlichen Mobilität eingeschränkt. Im Landkreis Mittelsachsen liegt der Anteil der Seniorinnen und Senioren mit ausgegebenem Schwerbehindertenausweis im Jahr 2019 bei 23,2 Prozent. Das investive Förderprogramm für barrierefreies Bauen „Lieblingsplätze für alle“ trägt dazu bei, Barrieren abzubauen und damit Angebote sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe für alle Menschen erreichbar zu machen.

Demenzerkrankungen als besondere Herausforderung

Auch psychische Erkrankungen wie Depressionen und Demenzen treten in höherem Lebensalter verstärkt auf. Für Mittelsachsen wird geschätzt, dass in der Altersgruppe der über 65-Jährigen 8.380 Menschen an Demenz erkrankt sind, davon sind 5.590 betroffene Frauen und 2.744 Männer (Stichtag 31.12.2018). Allerdings wird von einer Dunkelziffer ausgegangen, da der Weg zur Diagnose lang sein kann. Um Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen Unterstützung zu bieten, wurden bundesweit Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz initiiert, u.a. in der Sozialregion 5: West (Mittweida). Maßgeblich beteiligt ist hier auch die Fakultät Soziale Arbeit der Hochschule Mittweida. Weitere Anlaufstellen in Mittelsachsen rund um das Thema Demenz finden Sie hier.

Pflegebedürftigkeit nimmt zu

Mit Blick auf die lebenszyklische Betrachtung der Bevölkerung ist damit zu rechnen, dass sich perspektivisch der Anteil derer, die im Alter auf pflegerische Unterstützung angewiesen sind, deutlich erhöhen wird. Daten zur Pflegebedürftigkeit werden aller zwei Jahre in einer Pflegestatistik erfasst.

Im Jahr 2019 lag die Pflegequote der über 65-Jährigen im Landkreis Mittelsachsen bei 17,9 Prozent, bei den über 80-Jährigen bei 39,5 Prozent. Die Anzahl der über 65-jährigen Pflegebedürftigen erhöhte sich von 2017 zu 2019 um 641 Personen auf 8.492. Dabei waren mehr als zwei Drittel der Leistungsempfangenden Frauen (71,6 Prozent), der Anteil der pflegebedürftigen Männer ist mit 28,4 Prozent deutlich geringer. Eine Ausweitung des Pflegebegriffs im Rahmen des zweiten Pflegestärkungsgesetzes kann hier Einfluss genommen haben, denn der Kreis der Leistungsberechtigten wurde durch eine Gesetzesänderung erhöht. Eine Zunahme der Leistungsberechtigten ist von 2017 zu 2019 besonders im Bereich der ambulanten Pflege zu beobachten (+613 Personen). In der stationären Pflege ist die Zahl der Pflegebedürftigen im gleichen Zeitraum um 70 Personen angestiegen. Weiterhin haben im Jahr 2019 8.887 Leistungsberechtigte Pflegegeld erhalten.

Regionen im Fokus

In der regionalen Betrachtung der Pflegequoten zeigen sich deutliche Unterschiede. Eine besonders niedrige Pflegequote der über 65-Jährigen weist die Sozialregion 7: Nordost (Hainichen) mit 6,7 Prozent auf. In der Sozialregion 2: Südost (Sayda) hingegen ist die Quote mit 12,2 Prozent fast doppelt so hoch. Mit zunehmendem Alter steigen die Pflegequoten. Mit Blick auf die Pflegebedürftigkeit hochaltriger Menschen über 80 Jahre weist wiederum die Sozialregion 2: Südost (Sayda) mit 27,7 Prozent die höchste Quote auf, gefolgt von der Sozialregion 5: West (Mittweida) mit einer Quote von 26,3 Prozent. Die geringste Pflegequote dieser Altersgruppe hat die Sozialregion 7: Nordost (Hainichen) mit 17,8 Prozent. An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass u.a. das Vorhandensein spezifischer Wohnangebote für Pflegebedürftige (z.B. Pflegeheime, Wohngruppen) die Quote beeinflusst.

Ein Netz – viele Möglichkeiten

Seit 2011 gibt es im Landkreis Mittelsachsen das Pflegenetz. Es ist ein Zusammenschluss aus Netzwerkpartnern im Landkreis, die Betroffene bei der Beratung und Versorgung in allen Bereichen rund um das Thema Pflege unterstützen. Betroffene erhalten hier wesentliche Informationen zu den Entlastungs- und Unterstützungsangeboten im Landkreis Mittelsachsen. Zudem ist die kontinuierliche Analyse und Entwicklung pflegerischer Beratungs-, Betreuungs- und Versorgungsangebote Schwerpunkt der inhaltlichen Arbeit.

Mit Sorgen nicht allein gelassen

Um Pflegebedürftige und ihre (pflegenden) Angehörigen in schwierigen Situationen zu begleiten, wurde im Dezember 2021 das Modellprojekt „Pflegesorgentelefon Mittelsachsen“ gestartet. Über eine Telefonhotline können anonym und kostenfrei besondere Situationen im Pflegekontext besprochen werden.

Insgesamt stehen im Jahr 2019 den Pflegebedürftigen in Mittelsachsen 95 Einrichtungen der ambulanten Versorgung und 98 stationäre Angebote zur Verfügung. Ein Großteil pflegebedürftiger Menschen wird von Angehörigen in der Häuslichkeit gepflegt. Es gilt besonders, pflegende Angehörige bei dieser körperlich und emotional anspruchsvollen Arbeit zu stärken und zu unterstützen, sei es in Form von Beratung, Selbsthilfe oder durch Entlastungsangebote.

Das Leben leben – gerade im Alter!

Ältere Blogbeiträge verweisen auf einen individuellen und gesellschaftlichen Wandel der Altersbilder. Es gibt zunehmend Menschen mit Unterstützungs- und Pflegebedarf, aber auch viele Seniorinnen und Senioren, die ihren Alltag selbständig und selbstbestimmt leben. Es ist daher zielführend, durch Beratungs- und Informationsangebote gesundheitsförderliches Verhalten zu stärken. Die Schaffung seniorenfreundlicher Strukturen in den Kommunen kann dazu beitragen, die Eigenständigkeit zu erhalten und gesellschaftliche Teilhabe zu erleben.

Ausblick

Der nächste Blogbeitrag erscheint am 13. Dezember 2022. Unter dem Titel Fokus Soziale Teilhabe werden die politische Partizipation, bürgerschaftliches Engagement älterer Menschen und das Thema Digitalisierung & Alter betrachtet.

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