Lernerfolge gebremst – Mögliche Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Bildungsabschlüsse

Es gibt kaum einen Lebensbereich, der in den vergangenen drei Jahren nicht in irgendeiner Weise durch die Corona-Pandemie betroffen war. Ob hohe Infektionszahlen und eine damit einhergehende extrem hohe Belastung des Gesundheitssystems, temporäre Ausgeh- und Kontaktsperren, die Einsamkeitsgefühle ausgelöst haben, unterschiedlichste Auswirkungen auf Beschäftigungsverhältnisse – die Liste ließe sich fortführen und ausdifferenzieren.

Kinder und Jugendliche waren in besonderer Weise betroffen. Mit der längeren Schließung von Kindertagesstätten und Schulen bzw. der Verlagerung des Lernens ins Digitale waren ihnen wichtige Bildungsräume nur bedingt zugänglich. Drei sogenannte Lockdowns in den Jahren 2020 und 2021 haben Spuren hinterlassen. Die konkreten Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen werden erst in den kommenden Jahren in Gänze erfasst werden können, jedoch weisen laut Deutschem Schulbarometer 35% der Schülerschaft deutliche Lernrückstände auf.

Bildung & soziale Ungleichheit

Bildungschancen sind in Deutschland nach wie vor maßgeblich vom Sozialstatus, dem Bildungsniveau und dem Einkommen der Eltern abhängig. Es gilt unter Wissenschaftler:innen als unstrittig, dass die bestehenden Bildungsungleichheiten durch die Covid-19-Pandemie verstärkt wurden (vgl. Butterwegge 2022). Kinder und Jugendliche aus Familien mit schwachem sozioökonomischen Hintergrund konnten weniger auf materielle Ressourcen zurückgreifen, erhielten seltener familiäre Unterstützung beim Lernen und waren häufig stärker psychisch belastet. Das Deutsche Schulbarometer zeigt auf, dass Schulen, an denen mehr als 50% der Eltern staatliche Hilfen beziehen oder mehr als 50% der Schüler:innen eine andere Familiensprache als Deutsch haben, deutliche Lernrückstände weit verbreitet sind.

Hat Corona im Landkreis Mittelsachsen den Lernerfolg gebremst?

Laut Statistischem Bundesamt ist im Schuljahr 2021/22 bundesweit die Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die eine Klasse freiwillig wiederholen oder nicht versetzt wurden, gestiegen. 2,4% aller Schüler:innen wiederholten demnach ein Schuljahr. Im Landkreis Mittelsachsen liegt die Wiederholerquote zwischen 1,8% (2017/18) und 2,2% im Schuljahr 2020/21. Für das Schuljahr 2020/21 ist zu beachten, dass hier coronabedingte Versetzungsregeln galten, die zum Teil nicht mehr an die schulischen Leistungen geknüpft waren.

In der Betrachtung der Wiederholerquote nach Schularten werden unterschiedliche Entwicklungen deutlich: An Grundschulen zeigen sich schuljährliche Schwankungen zwischen 2,3% in den Schuljahren 2017/18 und 2021/22 und geringeren 1,7% im Schuljahr 2022/23. An den mittelsächsischen Oberschulen ist die Quote der Wiederholer:innen im Schuljahr 2020/21 mit 2% eher gering, im Schuljahr 2022/23 mit 3% hingegen leicht höher. In beiden Schuljahren liegen die Werte jedoch unter den Werten auf Landesebene. Niedriger zeigt sich die Wiederholerquote an den Gymnasien. Im Schuljahr 2022/23 betrug sie 1,4%, in den Schuljahren seit 2016 lag sie im Durchschnitt bei 1,1%.

Lernrückstände aufholen

Die Wiederholung einer Klasse ist nicht die einzige Möglichkeit, Lerndefizite zu verringern. Mit dem Programm „Aufholen nach Corona“  haben Bund und Länder die Möglichkeit geschaffen, pandemiebedingte Lernlücken durch unterrichtsergänzende und unterrichtsintegrierte Förder- und Nachhilfeangebote zu schließen. Der Freistaat Sachsen wird dieses Programm zum Schuljahr 2023/24 mit Landesmitteln fortsetzen.

 

Schulabgänger:innen und Absolvent:innen im Abschlussjahr 2021

Eine weitere Kennzahl, die auf gebremste Lernerfolge aufmerksam machen kann, ist die Schulabgangsquote. Im Landkreis Mittelsachsen ist die Abgangsquote derer, die die Schule ohne einen Hauptschulabschluss verlassen, mit 11,9% deutlich höher als im Durchschnitt der Vorjahre von 2016 bis 2020 (9%) und liegt zudem über der gesamtsächsischen Quote von 8%. Gleichzeitig spiegelt die mittelsächsische Schulabgangsquote ohne Hauptschulabschluss nicht die bundesweite rückläufige Entwicklung wider (vgl. Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung 2022, S. 159).

Die Schulabgangsquote mit Hauptschulabschluss zeigt im Zeitverlauf von 2016 zu 2021 keine Veränderungen und liegt durchschnittlich bei 8,6%. Somit ist in Mittelsachsen in diesem Zeitraum eine leicht höhere Schulabgangsquote mit Hauptschulabschluss zu beobachten als auf Ebene des Freistaates Sachsen (ø 7,8%).

Der Anteil der Schüler:innen, die mit einem Realschulabschluss die Schule verlassen haben (53,9%), liegt leicht über dem Durchschnitt der Vorjahre (50,3%) (2016-2020). Der Landesdurchschnitt liegt im Beobachtungszeitraum 2016 zu 2021 hier bei 47%.

Unauffällig zeigt sich die Schulabgangsquote mit Allgemeiner Hochschulreife: Im Vergleich des Abschlussjahres 2020 (30,8%) zum Jahr 2021 (29,2%) ist die Quote geringfügig rückläufig. Seit 2016 werden hier nur minimale schuljährliche Schwankungen beobachtet.  

Schulabschlüsse nach Schularten im Abschlussjahr 2022

Im Landkreis Mittelsachsen verteilen sich die Schulabschlüsse differenziert nach Schulart folgendermaßen:

An Oberschulen verließen im Schuljahr 2022 ca. 5% der Schüler:innen ohne einen Abschluss die Schule. 13% der Absolvent:innen erreichten einen Hauptschulabschluss und 82% einen Realschulabschluss.
Von allen Abiturient:innen im Landkreis Mittelsachsen schlossen ca. 90%  mit der Allgemeinen Hochschulreife ab. Es zeigt sich im Jahr 2022 an den Gymnasien mit 11% ein auffallend hoher Wert an Realschulabschlüssen.

Für das Abschlussjahr 2022 ist festzuhalten, dass es an den Oberschulen mehr Absolvent:innen mit Hauptschulabschluss und an den Gymnasien mehr Absolvent:innen mit Realschulabschluss gab als in den Vorjahren. Dabei liegt die Vermutung nahe, dass durch pandemiebedingte Lerndefizite ein geringeres Bildungsniveau erreicht wurde. Abschließende Aussagen dazu können jedoch (noch) nicht getroffen werden.

Quelle:
Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung (2022): Bildung in Deutschland 2022. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zum Bildungspersonal. Bielefeld: wbv Publikation.

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