WOHNEN in Mittelsachsen

WOHNEN – mehr als nur ein Dach über dem Kopf

Die meiste Zeit unseres Lebens verbringen wir in der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus. In Folge der Corona-Pandemie hat für einen Großteil der Bevölkerung das Thema WOHNEN einen neuen Stellenwert bekommen. In den letzten zwei Jahren beeinflussten Abstandsregeln und Mundschutz unseren Alltag in der Öffentlichkeit und es scheint, dass aufgrund dessen die eigenen vier Wände umso bedeutender geworden sind – das eigene Zuhause als (erzwungener) Lebensmittelpunkt.
Dabei zieht der Zwang, zu Hause zu bleiben, indirekte soziale und wirtschaftliche Folgen nach sich, die belastend sein können. Jedoch sind nicht alle Menschen gleichermaßen von den einschneidenden Corona-Maßnahmen betroffen (vgl. Eckardt 2021, S. 25).

Wechselwirkungen

Wo und wie Menschen und Familien wohnen, steht im engen Zusammenhang mit dem Thema Bildung, Erwerbsarbeit, Einkommen, Gesundheit und vielen weiteren Einflussfaktoren. Zugleich ist Wohnen Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Die Wechselwirkungen und damit einhergehende soziale Ungleichheiten wurden in der Pandemie verstärkt. Je nach Wohnraumgröße ist es den Menschen leichter gefallen im Lockdown zu Hause zu bleiben. Zudem zeigen erste Ergebnisse, dass „schlechte Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne, wenig Platz zum Wohnen das Infektionsrisiko erhöhen“ (zit. n. Delfs und Kooroshy 2020 in Eckardt 2021, S. 32).

Wohnst du noch oder lebst du schon?

Wohnst du noch oder lebst du schon? Der Werbespruch eines bekannten Möbelhauses suggeriert den Zusammenhang zwischen Wohnen und einem (guten) Leben. Wohnen ist ein Grundbedürfnis und nach Artikel 11 des UN-Sozialpaktes hat jeder Mensch ein Recht auf angemessenen Wohnraum: „als unerlässliche Grundbedingung für körperliche und geistige Gesundheit sowie gesellschaftliche Teilhabe“ (Bundeszentrale für politische Bildung 2021).

Grundrecht Wohnen – staatliche Unterstützungsangebote

Es gibt unterschiedliche wohnungspolitische Instrumente zur sozialen Sicherung des Wohnens. Haushalte, die finanzielle Unterstützung brauchen, können Transferleistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme nach SGB II und SGB XII beziehen. Zu diesen Leistungen gehört auch die Übernahme für die Kosten der Unterkunft. Im Mindestsicherungsleistungsbezug waren 2018 rund 18.000 Personen im Landkreis Mittelsachsen.

Haushalte mit geringerem Einkommen, die aber keine Transferleistungsempfänger nach SGB II oder SGB XII sind, erhalten durch das Wohngeld einen staatlichen Zuschuss zu ihren Wohnkosten. In Mittelsachsen haben 2018 über 3.000 Haushalte Wohngeld bezogen.

Wohnungslosigkeit

Wohnungslosigkeit bzw. der drohende Verlust der Wohnung ist eine prekäre Lebenslage, die in ländlichen Räumen nicht vordergründig sichtbar ist. Doch dass es ein Thema ist, geht beispielsweise aus dem Förderprogramm „Wir für Sachsen“ hervor: 110 Personen haben sich 2018 im Bereich Wohnungslosenhilfe und Hilfe für Menschen in Not mindestens 20 Stunden im Monat freiwillig in diesem Bereich engagiert.

Häusliche Gewalt

Gewalt gegen Frauen bzw. Männer bezeichnet eine Form der Gewalt in der Partnerschaft. Das Paradoxe ist: Sie findet zu Hause statt – der Ort der Schutz und Geborgenheit bieten soll. In Mittelsachsen gibt es mit dem Frauenschutzhaus Freiberg eine Anlaufstelle für betroffene Frauen. Betroffene Männer haben aktuell in Dresden und Leipzig die nächsten Anlaufstellen.

Die Anzahl der schutzsuchenden Frauen schwankt zwischen 43 im Jahr 2018 und 29 im Jahr 2021.

Häusliche Gewalt im Fokus der Sozialforschung

Die Hochschule Merseburg führt derzeit eine Dunkelfeldstudie zum Thema Häusliche Gewalt, Stalking und sexualisierte Gewalt durch. Die Ergebnisse sollen helfen, sexualisierter und häuslicher Gewalt entgegenzuwirken und Beratungs- und Unterstützungsangebote für von Gewalt Betroffene zu verbessern.

Grenzen der kleinräumigen Sozialberichterstattung

Zum Themenbereich Wohnen liegen die letzten kleinräumigen Daten aus der ZENSUS Erhebung 2011 vor, sodass der 2. Sozialbericht das Thema nur begrenzt betrachtet. Die nächste Erhebung dieser Art findet in diesem Jahr statt.

Die Bedeutung des Wohnens ins 30 Sekunden

Jeder hat das Recht auf angemessenen Wohnraum – aber nicht jeder kann sich Wohnen aus eigener Tasche leisten. Es gibt verschiedene staatliche Möglichkeiten in finanziellen Notlagen Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wo und wie jeder wohnt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Für alle soll die Wohnung, in der man lebt, ein sicherer Ort sein, aber dieser kann auch zu einem Ort der Gewalt werden. Schauen Sie als Nachbarin und Nachbar von Gewalt betroffenen Frauen und Männern nicht weg.
Der nächste Blogbeitrag betrachtet das 11. sozialpolitische Handlungsfeld: MOBILITÄT vernetzt und erscheint am 03. Juni 2022.
Quelle:
Eckardt, Frank (2021): Wohnen in Zeiten der Pandemie. In: Eckardt, Frank; Meier, Sabine (Hrsg.) (2021): Handbuch Wohnsoziologie. Springer VS Wiesbaden. S. 25-38.

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