Am 1. September 2024 fanden in Sachsen die Wahlen zum 8. Sächsischen Landtag statt, ein entscheidender Moment für die politische Landschaft des Freistaats. Der Landtag ist das unmittelbar von den Bürger:innen gewählte Verfassungsorgan und somit die Volksvertretung.
3.182.683 Wahlberechtigte in Sachsen waren aufgerufen, ihre Stimme für eine der 19 zur Wahl angetretenen Parteien abzugeben. 2.367.607 Menschen machten per Brief- oder Direktwahl von ihrem Wahlrecht Gebrauch.
3.182.683 Wahlberechtigte in Sachsen waren aufgerufen, ihre Stimme für eine der 19 zur Wahl angetretenen Parteien abzugeben. 2.367.607 Menschen machten per Brief- oder Direktwahl von ihrem Wahlrecht Gebrauch.
Sachsenweit lag die Wahlbeteiligung somit bei 74,4 Prozent und erhöhte sich im Vergleich zur Vorwahl im Jahr 2019 um 8,2 Prozent (vgl. Freistaat Sachsen 2024a). Das ist die historisch höchste Wahlbeteiligung bei Landtagswahlen in Sachsen.
Alle Wähler:innen haben bei der Landtagswahl zwei Stimmen. Mit der Erststimme wird eine Person direkt in einem der 60 Wahlkreise gewählt. Mit der Zweitstimme wird eine Partei gewählt, die dann Sitze im Landtag erhält. Die Hälfte der Abgeordneten des Sächsischen Landtages wird über die Erststimme und die andere Hälfte über die Zweitstimme gewählt.
Neue Sitzverteilung im 8. Sächsischen Landtag
Die CDU (Christlich-Demokratische Union) wird mit 31,9 Prozent der Listenstimmen knapp die stärkste Kraft und kann im 8. Sächsischen Landtag 41 Sitze besetzen. Die AfD (Alternative für Deutschland) erzielt 30,6 Prozent der Listenstimmen und besetzt damit 40 Plätze. Die junge Partei BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) wird aus dem Stand die drittstärkste Kraft und besetzt 15 Landtagssitze. Es folgt die SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) mit 10 Sitzen, die GRÜNEN erzielen 7 Sitze), DIE LINKE 6 Sitze und die Freien Wähler sind mit einem Sitz im Landtag vertreten.
Wahlergebnisse in Mittelsachsen
Im Landkreis Mittelsachsen waren es 239.694 Wahlberechtigte, die in den vier mittelsächsischen Wahlkreisen zur Teilnahme an der Wahl aufgerufen waren. 178.170 Wähler:innen gaben ihre Stimmen ab. Knapp ein Drittel (29,0 Prozent) der Wähler:innen nutzte die Möglichkeit der Briefwahl. Somit liegt die Wahlbeteiligung in Mittelsachsen bei 74,3 Prozent und erhöhte sich im Vergleich zur Vorwahl im Jahr 2019 um 7,5 Prozentpunkte.
Auf Ebene der Sozialregionen zeigt sich die höchste Wahlbeteiligung in der Sozialregion 7: Nordost (Hainichen) mit 77,8 Prozent, die Sozialregion 6: Nord (Döbeln) verzeichnet mit 70,6 Prozent die niedrigste Wahlbeteiligung.
Auf Ebene der Sozialregionen zeigt sich die höchste Wahlbeteiligung in der Sozialregion 7: Nordost (Hainichen) mit 77,8 Prozent, die Sozialregion 6: Nord (Döbeln) verzeichnet mit 70,6 Prozent die niedrigste Wahlbeteiligung.
Wahlbeteiligung zur Landtagswahl 2024 auf Ebene der Sozialregionen (in %)
Kommunen im Fokus
In den 52 Kommunen Mittelsachsens zeigt sich hinsichtlich der Wahlbeteiligung ein sehr unterschiedliches Bild. Während die höchste Wahlbeteiligung in der Gemeinde Sayda 87,9 Prozent beträgt, zeigen andere Gemeinden eine stark unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung auf z.B. Seelitz (53,0 Prozent) und Zettlitz (57,0 Prozent).
Wahlbeteiligung zur Landtagswahl 2024 auf Gemeindeebene (in %)
Sozialwissenschaftliche Analysen der Wahlergebnisse
Zahlreiche Akteure der Wahl- und Sozialforschung, u.a. die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Heinrich-Böll-Stiftung oder das Else Frenkel-Brunswik-Institut haben sich mit den Ergebnissen der sächsischen Landtagswahl auseinandergesetzt und diese analysiert.
Insbesondere mit Blick auf bestimmte (infra-)strukturelle Faktoren und ungleiche Lebenslagen zeigt die kürzlich erschienene Studie „Die Landtagswahl 2024 in Sachsen: Zur Rolle der Sozial-, Wirtschafts- und Infrastruktur sowie der politischen Raumkultur auf Gemeindeebene“ von Kiess und Dilling (2024) Zusammenhänge zu den erreichten Zweitstimmenanteilen der einzelnen Parteien auf. Aus der Sozialforschung ist bekannt, dass nicht nur die Faktoren Geschlecht, Alter und Beruf relevant für das Wahlverhalten sind, sondern auch Faktoren wie die Infra- und Wirtschaftsstruktur einer Region, Bildungsabschlüsse oder Religionszugehörigkeit eine maßgebliche Rolle für die Wahlentscheidung spielen (vgl. Kiess und Dilling 2024, S. 3; Korte 2021).
Im Folgenden werden die erreichten Zweitstimmenanteile der in den Landtag gewählten Parteien aufgeführt und durch Analysen von Kiess und Dilling ergänzt. Weitere Ausführungen zur Datenlage und zur Methodik der Studie lassen sich der oben verlinkten Studie entnehmen.
Insbesondere mit Blick auf bestimmte (infra-)strukturelle Faktoren und ungleiche Lebenslagen zeigt die kürzlich erschienene Studie „Die Landtagswahl 2024 in Sachsen: Zur Rolle der Sozial-, Wirtschafts- und Infrastruktur sowie der politischen Raumkultur auf Gemeindeebene“ von Kiess und Dilling (2024) Zusammenhänge zu den erreichten Zweitstimmenanteilen der einzelnen Parteien auf. Aus der Sozialforschung ist bekannt, dass nicht nur die Faktoren Geschlecht, Alter und Beruf relevant für das Wahlverhalten sind, sondern auch Faktoren wie die Infra- und Wirtschaftsstruktur einer Region, Bildungsabschlüsse oder Religionszugehörigkeit eine maßgebliche Rolle für die Wahlentscheidung spielen (vgl. Kiess und Dilling 2024, S. 3; Korte 2021).
Im Folgenden werden die erreichten Zweitstimmenanteile der in den Landtag gewählten Parteien aufgeführt und durch Analysen von Kiess und Dilling ergänzt. Weitere Ausführungen zur Datenlage und zur Methodik der Studie lassen sich der oben verlinkten Studie entnehmen.
Zweitstimmenanteil der CDU
Der Zweitstimmenanteil der CDU beträgt kreisweit 32,7 Prozent. In Wechselburg wurde mit 38,0 Prozent der Spitzenwert erreicht, in Seelitz hingegen beträgt der Zweitstimmenanteil der CDU lediglich 24,6 Prozent. Kiess und Dilling führen aus, dass günstige sozialstrukturelle Bedingungen wie ein positiver Wanderungssaldo, aber auch Faktoren wie Alter und Geschlecht und hier insbesondere ein höherer Anteil an Frauen im jugendlichen und jüngeren Erwachsenenalter sich positiv auf die Zustimmung zur CDU auswirken. Die CDU profitiert zudem in Regionen mit niedriger Arbeitslosigkeit und guter Infrastruktureller Ausstattung (vgl. Kiess und Dilling 2024, S. 8).
Zweitstimmenanteil der AfD
Auf Landkreisebene erzielt die AfD einen Zweitstimmenanteil von 34,8 Prozent. Die Gemeinde Dorfchemnitz in der Sozialregion 2: Südost (Sayda) weist mit 52,5 Prozent den höchsten Zweitstimmenanteil auf, die Stadt Rochlitz mit 26,8 Prozent den niedrigsten.
Der Studie von Kiess und Dilling zufolge erreicht die AfD eher in kleineren Gemeinden mit einem höheren Altersdurchschnitt größere Wahlerfolge. Auch die Religionszugehörigkeit zur katholischen und protestantischen Kirche wirkt sich positiv auf das Stimmverhalten für die AfD aus (vgl. Kiess und Dilling 2024, S. 6). Mit Blick auf die infrastrukturelle Situation und das Zustimmungsverhalten für die AfD wird deutlich, dass in infrastrukturell eher schwächeren und ländlichen Regionen, in denen z.B. die Anbindung an Autobahnen und gymnasiale Bildungseinrichtungen fehlen, die Zustimmung zur AfD höher ausfällt. Raumstrukturell betrachtet wird deutlich, dass die AfD besonders in den Regionen überdurchschnittliche Wahlerfolge verbuchen kann, wo sich bereits seit der Landtagswahl 2009 rechtsextreme Einstellungen und Gruppierungen manifestieren konnten (vgl. ebd., S. 7f.).
Der Studie von Kiess und Dilling zufolge erreicht die AfD eher in kleineren Gemeinden mit einem höheren Altersdurchschnitt größere Wahlerfolge. Auch die Religionszugehörigkeit zur katholischen und protestantischen Kirche wirkt sich positiv auf das Stimmverhalten für die AfD aus (vgl. Kiess und Dilling 2024, S. 6). Mit Blick auf die infrastrukturelle Situation und das Zustimmungsverhalten für die AfD wird deutlich, dass in infrastrukturell eher schwächeren und ländlichen Regionen, in denen z.B. die Anbindung an Autobahnen und gymnasiale Bildungseinrichtungen fehlen, die Zustimmung zur AfD höher ausfällt. Raumstrukturell betrachtet wird deutlich, dass die AfD besonders in den Regionen überdurchschnittliche Wahlerfolge verbuchen kann, wo sich bereits seit der Landtagswahl 2009 rechtsextreme Einstellungen und Gruppierungen manifestieren konnten (vgl. ebd., S. 7f.).
Zweitstimmenanteil des BSW
Das BSW verzeichnet einen Zweitstimmenteil von 12,6 Prozent auf Kreisebene. Hier ist die höchste Zustimmung in Taura (17,4 Prozent) zu verzeichnen, in Dorfchemnitz wiederum der kommunal niedrigste Wert mit 6,5 Prozent. Kiess und Dilling nach lassen sich die Wahlergebnisse des BSW noch nicht umfänglich analysieren, sie sehen dies in der neuen Partei und einem noch nicht gefestigten Wählerkreis begründet. Sozialstrukturell ist jedoch zu erkennen, dass in bevölkerungsstarken Kommunen, die von Abwanderung betroffen sind und ein höheres Durchschnittsalter aufweisen, das BSW vom Stimmverhalten profitiert. Gleichzeitig wirken sich eine höhere kommunale Überschuldung und eine geringere Arbeitslosenquote positiv auf die Zustimmung zum BSW aus (vgl. Kiess und Dilling 2024, S. 9).
Zweitstimmenanteil der SPD
Auf Kreisebene beträgt der Zweitstimmenanteil der SPD 6,0 Prozent. Die höchste Zustimmung wurde mit 8,9 Prozent in Geringswalde erzielt, in Dorfchemnitz hingegen erreichte die SPD nur 1,7 Prozent an Zweitstimmenanteilen. Faktoren wie der Bevölkerungsreichtum einer Gemeinde, aber auch eine bessere Infrastruktur (u.a. kurzer Fahrweg zur Autobahn oder das Vorhandensein eines Gymnasiums) stehen in positivem Zusammenhang mit höheren Wahlergebnissen (vgl. Kiess und Dilling 2024, S. 9). Eine Kirchenzugehörigkeit wirkte sich hingegen eher negativ auf die Zustimmung zur SPD aus (vgl. ebd., S. 8).
Zweitstimmenanteil der GRÜNEN
Kreisweit erzielte das Bündnis 90/Die GRÜNEN einen Zweitstimmenanteil von 2,2 Prozent. Mit einem Anteil von 4,9 Prozent ist Freiberg die Hochburg der GRÜNEN in Mittelsachsen, die geringste Zustimmung ist in Dorfchemnitz (1,7 Prozent) zu verzeichnen. Die GRÜNEN erhalten laut Kiess und Dilling in den Gemeinden stärkeren Zuspruch, in denen seit der politischen Wende 1990 die Bevölkerungszahlen gestiegen sind, ebenso wirkt sich eine hohe Wahlbeteiligung und eine gymnasiale Bildungseinrichtung positiv auf das Stimmverhalten für die GRÜNEN aus (vgl. Kiess und Dilling 2024, S. 7).
Zweitstimmenanteil der LINKEN
Die Partei DIE LINKE verzeichnet auf Kreisebene einen Zweitstimmenanteil von 2,5 Prozent. Der höchste kommunale Wert findet sich in der Stadt Rochlitz mit 4,2 Prozent, den niedrigsten Wert weist Dorfchemnitz mit 0,4 Prozent auf. Bevölkerungsreichtum in Kommunen wirkt sich Kiess und Dilling zufolge positiv auf die Zustimmung zur LINKEN aus, ebenso ein höherer Anteil arbeitsloser Menschen und personell gut ausgestatte Kommunalverwaltungen. Kirchenzugehörigkeit zur katholischen und protestantischen Kirche und weitere Wege zur Autobahnanbindung wirkten eher verringernd auf den Zweitstimmenanteil (vgl. Kiess und Dilling 2024, S. 8).
Zweitstimmenanteil der Freien Wähler
Der Zweitstimmenanteil der Freien Wähler beträgt im Landkreis Mittelsachsen 3,1 Prozent. Leisnig weist hier den höchsten Zweitstimmenanteil (6,4 Prozent) auf, in Mittweida hingegen beträgt der Anteil nur 1,5 Prozent. Zu den Freien Wählern legen Kiess und Dilling in ihrer Studie keine weiteren Analysen vor.
Der Weg zur Regierungsbildung
Am 1. Oktober 2024 konstituierte sich der 8. Sächsische Landtag und tagte zum ersten Mal gemeinsam.
Wie sich die neue sächsische Regierung jedoch zusammensetzen wird, ist derzeit noch unklar. Nach ersten Kennenlerngesprächen laufen aktuell Sondierungsgespräche zwischen der CDU, dem BSW und der SPD. Möglich ist, dass diese drei Parteien zukünftig eine sogenannte „Brombeer-Koalition“ bilden. Sollten die Sondierungsgespräche erfolgreich sein, würden anschließend Koalitionsverhandlungen folgen. Bis Anfang Februar 2025 muss dann ein neuer Ministerpräsident oder eine neue Ministerpräsidentin gewählt sein, ansonsten müssten laut Landesverfassung Neuwahlen stattfinden.
Wie sich die neue sächsische Regierung jedoch zusammensetzen wird, ist derzeit noch unklar. Nach ersten Kennenlerngesprächen laufen aktuell Sondierungsgespräche zwischen der CDU, dem BSW und der SPD. Möglich ist, dass diese drei Parteien zukünftig eine sogenannte „Brombeer-Koalition“ bilden. Sollten die Sondierungsgespräche erfolgreich sein, würden anschließend Koalitionsverhandlungen folgen. Bis Anfang Februar 2025 muss dann ein neuer Ministerpräsident oder eine neue Ministerpräsidentin gewählt sein, ansonsten müssten laut Landesverfassung Neuwahlen stattfinden.
Ausblick
Der im Dezember diesen Jahres erscheinende 3. Sozialbericht gibt kleinräumig Einblick in die Sozialstruktur und ausgewählte soziale Lebenslagen der kreisangehörigen Kommunen.
Seien Sie neugierig und folgen Sie unserem Blog! Hier werden wir kontinuierlich über Befunde und Ergebnisse des Berichts Auskunft geben.
Seien Sie neugierig und folgen Sie unserem Blog! Hier werden wir kontinuierlich über Befunde und Ergebnisse des Berichts Auskunft geben.
Quellen
Freistaat Sachsen (2024a): Landtagswahl 2024. Wahlergebnisse. URL: https://wahlen.sachsen.de/landtagswahl-2024-wahlergebnisse.php?_ptabs=%7B%22%23tab-wahlbeteiligung%22%3A1%7D. Verfügbar am 04.11.2024.
Freistaat Sachsen (2024b): Mandate im 8. Sächsischen Landtag nach der Wahl am 1. September 2024. Endgültiges Ergebnis. URL: https://wahlen.sachsen.de/download/Landtag/statistik-sachsen_Mandate_endgueltig_LW24.pdf. Verfügbar am 04.11.2024.
Kiess, Johannes; Dilling, Marius (2024): Policy Paper 4/2024. Else Frenkel-Brunswik-Institut für Demokratieforschung in Sachsen an der Universität Leipzig. URL: https://efbi.de/files/efbi/pdfs/Policy%20Paper/2024_4_Policy%20Paper.pdf. Verfügbar am 30.10.2024.
Korte, Karl-Rudolf (2021): Theorien des Wahlverhaltens: vier Erklärungsansätze. URL: https://www.bpb.de/themen/politisches-system/wahlen-in-deutschland/335665/theorien-des-wahlverhaltens-vier-erklaerungsansaetze/. Verfügbar am 30.10.2024.
Freistaat Sachsen (2024b): Mandate im 8. Sächsischen Landtag nach der Wahl am 1. September 2024. Endgültiges Ergebnis. URL: https://wahlen.sachsen.de/download/Landtag/statistik-sachsen_Mandate_endgueltig_LW24.pdf. Verfügbar am 04.11.2024.
Kiess, Johannes; Dilling, Marius (2024): Policy Paper 4/2024. Else Frenkel-Brunswik-Institut für Demokratieforschung in Sachsen an der Universität Leipzig. URL: https://efbi.de/files/efbi/pdfs/Policy%20Paper/2024_4_Policy%20Paper.pdf. Verfügbar am 30.10.2024.
Korte, Karl-Rudolf (2021): Theorien des Wahlverhaltens: vier Erklärungsansätze. URL: https://www.bpb.de/themen/politisches-system/wahlen-in-deutschland/335665/theorien-des-wahlverhaltens-vier-erklaerungsansaetze/. Verfügbar am 30.10.2024.
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